Ein Aufruf zum Nichtstun

Wie viele Menschen sehen wir im Zug sitzen, ohne Smartphones, Notebooks, Bücher, Zeitschriften? Wir haben eine multimediale Mauer aufgebaut, die uns vor der Langeweile beschützen soll oder simpler ausgedrückt, wir haben das Nichtstun, in Zeiten der übermässig vorhandenen Unterhaltungstechniken, schlicht und einfach verlernt. Brauchen wir sie überhaupt? Sollten wir sie wiederbeleben?

Was viele nicht wissen, wir brauchen die Langeweile. Sie kann viel Positives bewirken und zu mehr Entspannung, produktive Entschleunigung, kreativen Ideen und erfolgreichen Veränderung führen. Denn unser Gehirn ist aktiv, auch wenn wir scheinbar nichts tun. Laut dem Hirnexperte Theo Compernolle beschäftigt sich das Gehirn nämlich mit dem Ordnen und Archivieren wichtiger Gedächtnisinhalte und somit mit dem für die Hirntätigkeit absolut wesentlichen Aufräumen. Ohne Langweile bleiben wir also stecken.

Dies gilt übrigens auch für Kinder. Wir haben die Tendenz unsere Kinder pausenlos unterhalten zu wollen. Doch wir schwächen damit Ihre Kreativität und Improvisationsfähigkeit, denn mit der ständigen Action werden sie früh abhängig von der Ablenkung und intolerant gegenüber ruhigeren Phasen.

Und jetzt, jetzt müssen wir für unsere Gesundheit alle Zuhause bleiben – und suchen weiterhin nach Ablenkung. Wie oft habe ich in den letzten Tagen Sätze gehört wie: «Was soll ich mit der ganzen Zeit anfangen? Ich brauche unbedingt ein neues Hobby! Vielleicht Kochen, Puzzeln oder Malen, das wollte ich schon immer mal ausprobieren oder vielleicht doch ein Instrument lernen, endlich das neue Computerspiel testen oder aber ich lese das Buch endlich fertig, das seit Monaten auf meinem Nachttisch liegt. Hauptsache ich langweile mich nicht.» Dabei ist gerade jetzt der perfekte Zeitpunkt, um das Nichtstun wieder zu erlernen. Einfach mal an die Decke oder aus dem Fester schauen und die Schönheit des Nichts wiederfinden. «Die Langeweile ist die Mutter aller Musen» hat Goethe es treffend formuliert. 

Mit ein bisschen Mut können wir die Langeweile wieder zulassen und sie gesellschaftlich etablieren. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wir haben es bereits ausprobiert, das Nichtstun. Was dank unserer Langeweile für kreative Ideen entstanden sind, erfährst du in dieser Woche täglich auf unserem Blog. Reinschauen lohnt sich! ;-)